Entstanden: 30.07.2015
Thema: innerliche Unruhe, emotionale Belastung, Selbstzweifel, Schwäche, Hilflosigkeit
Aufbau: S1 - C - S2 - C - S3 - B - C
Nach einer etwa 3-jährigen Pause habe ich angefangen mich wieder mit meiner eigenen Lyrik zu beschäftigen. Der Wunsch wieder etwas zu schreiben, bestand schon länger. Aber erst als ich in
Dettelbach am Bahnhof auf eine Mitfahrgelegenheit warten musste, habe ich Zeit zum editieren gefunden. Als ich mein Notizbuch durchlas und nach einer neuen, frischen Idee suchte, fiel mir "leer"
als erstes in die Hände. Sofort fing ich an und habe hier und da leichte Änderungen vorgenommen. Diese sind in der 2. Version wiederzufinden. Zunächst habe ich lediglich die Silbenanzahl
dahingehend verändert, dass diese mit dem Inhalt enger verknüpft ist. Auch in der 2. Version ist die Silbenanzahl unregelmäßig geblieben. Jede Stophe besteht aus 7 Zeilen. An einigen Stellen
wurde zusätzlich der Wortlaut stärker abgewandelt.
Die Silbenanzahl in S1 ist: 9 - 9 - 10 - 8 - 13 - 14 - 11.
Zeile 1 spricht von einer Last, die tief verwurzelt ist. 9 ist - bis auf ein einziges Mal in Z4 von S1 - die geringste Silbenanzahl, die "leer"
aufweist und steht für die angesprochene Tiefe in der ersten Zeile, wie auch für die damit verknüpfte Unruhe, welche in der nachfolgenden Zeile genannt wird. Zeile 3 erwähnt den Versuch zu Atem zu kommen. Wenn man den Versuch unternimmt zu atmen, dann muss zwangsläufig etwas nicht in Ordnung sein. Normalerweise
atmet der Mensch automatisch, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden. Stellt man sich einen Menschen vor, der eine längere Zeit keine Luft bekommen hat, weil die Person zum Beispiel unter
Wasser war oder ihr die Luft abgeschnitten wurde, dann versucht dieser Mensch bei der nächst besten Gelegenheit so viel und schnell Luft zu schnappen wie irgendmöglich. Meistens ist bei diesem
Versuch ein "Fiepen" oder eine Art "Röcheln" zu hören, welches das Ringen nach Luft deutlich macht. Dieses Mehr an Luft, das verlangt wird, wird in "leer" mit einer Silbenerhöhung (10) deutlich
gemacht. Die Lähmung bei dieser Aktion reduziert die Silben auf 8 in Z4. In Z5 und 6 steigt die Silbenanzahl. Dies ist mit der unumstößlichen Barriere
zu verstehen, die beim Ausatmen sogar noch anwächst und in ihrer Mächtigkeit deutlich spür- und hörbar wird. Mit abschließend 11 Silben in Zeile 7 gelangt das lyrische Ich langsam wieder in einen ruheähnlichen Zustand. Das Atmen wirkt hier ruhigstellend, entspannend, entschleunigend.
Der Refrain/Chorus (C) ist praktisch der "Ruhepol" im gesamten Song. Jede der 7 Zeilen hat 9 Silben und bildet mit
diesen eine im Einklang mit sich befindende Einheit. Diese Regelmäßigkeit bedeutet für das lyrische Ich sowohl eine Pause von der emotionalen Belastung, als auch einen Moment zum tief Durchatmen
und verschnaufen. Jedoch steht die Regelmäßigkeit der Silben auch für das innerliche Nichts. Wo nichts ist, kann schlichtweg nichts sein. Daher bleibt die Silbenanzahl
unverändert.
Strophe 2 erhöht die Silben je Zeile um jeweils 1. Mit Ausnahme der letzten Zeile.
Demnach ergibt sich: 10 - 10 - 11 - 9 - 14 - 15 - 9.
Dies begründet sich darin, dass die Unruhe, nachdem das lyrische Ich den Ruhepol verlassen hat, stärker wird. In Zeile
7 von S2 wird zum Abschluss ein großer emotionaler Sprung vollbracht, indem es von der Höchstanzahl der
Silben im gesamten Song (15) hinunter auf 9 Silben geht. Das lyrische Ich wird mit der Zeit immer versierter und kann sich auch von großen innerlichen Anspannungen schnell beruhigen. Anschließend
folgt erneut der Refrain mit derselben Silbenanzahl.
Die 3. Strophe zeugt hingegen davon, dass das lyrische Ich letztlich auch nur ein Spielball seiner/ihrer Gefühle ist
und trotz der Versiertheit im Umgang mit den eigenen Emotionen der Unruhe und dem Chaos im Inneren unterliegt. Der Silbenaufbau gibt hier weiteren Aufschluss: 9 - 15 - 15 - 10 - 13 - 15 - 10.
Zunächst beginnt die Strophe mit der Ruhe symbolisierenden Silbenzahl 9. Diese Entspanntheit kann aber nicht mehr fortgesetzt werden, das innerliche Chaos ist schlichtweg zu präsent
(Z2 und 3 haben jeweils 15 Silben).
Während Strophe 2 mit 15 und 9 Silben endet, wird dies in Strophe 3 umgedreht. Der Sprecher resigniert in der 4. Zeile, doch hadert auch mit
sich selbst ("vielleicht", 10 Silben), erreicht daher nicht die untere Silbengrenze, sondern bleibt, um 1 erhöht, darüber.
Die Erinnerungen an die Mitmenschen und deren Verhalten lässt den Sprecher wieder unruhiger werden. Die Anspannung steigt sprungartig von 13 Silben in Z5 auf 15 in Z6 an und flacht im letzten Vers auf 10 Silben ab, in dem sich
das lyrische Ich wieder auf seine Atmung konzentriert.
Die Brücke besteht bis auf die letzte Zeile aus 9 Silben und steht für Resignation, wie auch für die Beruhigung des
Sprechers. Der Sprecher regt sich nicht mehr über die Unwissenheit der Mitmenschen auf. Einzig Zeile 7 sticht mit 12
Silben heraus. Der "lang[e] Atem" wird hier durch die Länge der Zeile verdeutlicht.
Der Song endet mit dem Refrain.
NEU
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Epigramme
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